Diagnose

Die Diagnostik der Chinesischen Medizin


Die Diagnostik der Chinesischen Medizin

Um eine Behandlung zu beginnen, benötige ich erst einmal eine gute Einschätzung Ihres Anliegens. Dazu nehme ich mehrere Diagnosemöglichkeiten zur Hilfe.

Die TCM beschäftigt sich in erster Linie mit dem Qi (Lebensenergie) des Körpers, also mit dem harmonischen Fluss der Lebensenergie, die durch den menschlichen Körper fließt. Dabei fließt dieses Qi auf definierten Bahnen, den sogenannten Meridianen, durch den Körper und versorgt die Funktionskreise, also die Organe. Man kann das Qi zwar nicht direkt sehen, sehr wohl jedoch die Auswirkungen feststellen. Ist das Qi in irgendeiner Weise gestört, dann erkennt man diese Fehlfunktion an der Manifestation, den Symptomen und den Zeichen am Körper im Gesicht sowie an der Zunge und am Puls.

Anamnesegespräch

Zentral für meine Diagnose ist zunächst ein ausführliches Patientengespräch (Anamnese). Dies findet zwar auch in der Schulmedizin statt, aber oft in viel kürzerer Zeit. Es entseht ein viel individuellerer und tieferer Kontakt als beim normalen Arzt-Patienten-Gespräch, sodass ich mir hierbei ein Bild von Ihrer Persönlichkeit, sowie Ihrer körperlichen und seelischen Verfassung machen kann, um einen bestmöglichen Behandlungserfolg zu erzielen.

Ähnlich wie in der Schulmedizin schildern Sie zunächst, unter welchen Symptomen sie leiden. Dies können beispielsweise Fieber, Herzklopfen, Atemnot oder Schweißausbrüche sein. Dieser Eindruck fließt selbstverständlich ebenfalls in die Diagnose mit ein, ist jedoch nicht ausschließlich von Bedeutung. Vielmehr betrachte ich auch Ihr Gesamtbild. Dabei kann zum Beispiel auch Ihr Ess- und Trinkverhalten Hinweise geben, was der Ursprung Ihres Anliegens sein könnte - Appetitlosigkeit deutet etwa auf einen Mangel an Milz-Qi hin, Heißhunger dagegen auf Magen-Hitze.

Geruch und Gehör

Auch anhand der Stimme, des Atems, Hustens oder des Körpergeruchs lässt sich feststellen, in welchem Funktionskreis die Störung liegen könnte. Eine weinerliche Stimme ist beispielsweise ein Indiz für eine Störung des Funktionskreises Lunge. Über den Körpergeruch lässt sich das Fülle-Leere-Muster eines Patienten bestimmen. Stark riechender Schweiß oder Mundgeruch deuten auf Füllezustände hin.

Äußere Erscheinung (Antlitzdiagnostik)

Ich betrachte Ihr gesamtes Erscheinungsbild, um Hinweise auf Ihren seelischen und körperlichen Zustand zu bekommen. Wichtig sind hier der Körperbau, die Mimik, Gestik, der Zustand von Haut und Haaren sowie die Gesichtsfarbe (rot, blass, etcetera).

Das Gesicht ist in verschiedene Bereiche eingeteilt, denen wiederum bestimmte Organe zugeordnet sind. Gesichtsfalten sind ein Hinweis darauf, dass das Gleichgewicht innerhalb eines Funktionskreises gestört ist. Vertikale Falten zwischen den Augenbrauen deuten zum Beispiel auf eine Störung des Funktionskreises Leber hin. Eine rote Gesichtfarbe ist ein Indiz für eine Entzündung oder Stauung, eine blasse Haut deutet auf eine Schwächung des Organs in diesem Bereich hin.

Zungendiagnostik

Die Form, Farbe, Feuchtigkeit, Beschaffenheit (Risse, Schwellungen, gestaute Venen) der Zunge, aber auch die Art und Farbe des Zungenbelags deuten auf bestimmte Krankheiten hin. Die Zungendiagnostik spielt eine besonders wichtige Rolle in der TCM, denn ich sehe sie als Verbindung von Körperinnerem und der Außenwelt. Man kann also an der Zunge "ablesen", ob und was im Körperinneren nicht stimmt.

Ich kann beurteilen, wie gut der Energiefluss Qi in den einzelnen Funktionskreisen ist und etwas über das Blut und die Yin-Yang-Energie im Körper sehen. Der Zungenbelag sagt etwas darüber aus, wie weit die Krankheit vorangeschritten ist. Bei einem weißen, dünnen Belag ist die Krankheit noch ziemlich an der Oberfläche, also noch am Anfang und nicht weit fortgeschritten. Bei einem gelben, dicken Belag ist die Krankheit tiefer eingedrungen und hat sich schon ausgebreitet.

Verschiedene Bereiche der Zunge sind bestimmten Organen zugeordnet. An der Zungenspitze liegen etwa das Herz und die Lunge, in der Mitte Magen und Milz, ganz hinten Darm, Niere und Blase. Rechts und links befinden sich die Leber und die Gallenblase.

Pulsdiagnostik

Die Pulsdiagnose ist der Mittelpunkt der TCM-Diagnosemethoden. Sie wird sowohl in der Akupunktur als auch in der Phytotherapie (Kräutermedizin) angewendet. Der Puls wird oberhalb des Handgelenks mit mehreren Fingern an drei Punkte gefühlt. Die Druckpunkte sind inneren Organen zugeordnet. Am linken Handgelenk sind es Herz, Leber und Niere, rechts Lunge, Milz und Herzbeutel.

Eingeschätzt werden beispielsweise:

  • die Geschwindigkeit (schnell, langsam)
  • Tiefe (oberflächlich oder tief)
  • Form der Pulswelle (lang ausgedehnt, knapp)
  • Strömung (weich, hart)
  • Rhythmus (rhythmisch, arrhythmisch)

Die Pulsqualität zeigt mir vor allem, ob ein Mensch eher an einer Fülle- oder Leere-Erkrankung leidet. Die Fülle ist durch einen vollen, kräftigen, schnellen Puls gekennzeichnet, die Leere durch einen langsamen, schwachen und tiefen Puls.

Der Puls reagiert sehr schnell auf Veränderungen, eine erfolgreiche Akupunktur-Therapie lässt sich zum Beispiel an einem veränderten Puls ablesen. Des Weiteren hängt der Pulsschlag auch von den Jahreszeiten ab. Im Sommer sollte er oberflächlich sein, im Winter eher tief. Bei jedem Jahreswechsel wird in China deshalb eine Pulsdiagnose empfohlen, um eventuelle Krankheiten frühzeitig aufzudecken.